Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
verehrte Stadträtinnen und Stadträte,
meine sehr geehrten Damen und Herren!                                            

Was bleibt?

Die letzte Haushaltsrede dieser Legislaturperiode ist eine Bestandsaufnahme.
Was bleibt aus fast 12 Jahren OB Seidel in Ansbach übrig?

Anlässlich des plötzlichen Todes von Alt-OB Ralf Felber wurden seine Verdienste um die Stadt Ansbach – auch von Ihnen, Frau Seidel – zusammengefasst: Ansiedlung der Hochschule und des Brücken-Center, Errichtung des TIZ, Bau der Tangenten, Ankauf von Gewerbeflächen, Sanierung des Schlossplatzes, Einrichtung der Skulpturenmeile und des Theater Ansbach sowie die Städtepartnerschaft mit Fermo!

Die Ansbacher haben  2008 große Hoffnungen in  OB Seidel gesetzt und sind ihr mit viel Vertrauensvorschuss entgegengetreten.
Was bleibt aus der Ära Seidel übrig? Was ist seit 2008 in Ansbach geschehen?
Zugegeben, die Zeiten ändern sich und vieles wird nicht einfacher – auch nicht im Stadtrat. Dennoch konnten wir auf der Haben-Seite keine großen Würfe ausmachen. Ich spreche hier nicht über Pflichtaufgaben, wie z.B. Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen, die gesetzlich vorgeschrieben sind.

Was bleibt also?

Ein Klinikum, das 2014, also ein Jahr nach dem Konsortialvertrag, bereits auf der ‚Intensivstation’ lag. Liebe Kollegen, sie erinnern sich sicherlich an unsere erste Sitzung im Mai 2014 … ich habe diesen Satz noch sehr klar im Ohr! Das Klinikum hat diese Station immer noch nicht verlassen – es geht ihm schlechter denn je, denn nicht nur Patienten fehlen, sondern  auch Ärzte und Pflegekräfte und das im neuen Bettenhaus!  Die Verbliebenen leisten gute Arbeit und ihnen gebührt unsere absolute Anerkennung und Dank. Das größte Desaster dieses Klinikums hat der Verwaltungsrat angerichtet, der sich selbst ständig blockiert! Wie lange wollen wir denn tatsächlich noch zusehen? Aus dieser politischen Verantwortung für das Klinikum kommen auch Sie, Frau Seidel, nicht raus!

Können sie sich noch an die Weinbergschule erinnern? Gott sei Dank hat sich eine Gruppe kluger Stadträte für den Erhalt der Schule eingesetzt, sonst wäre sie nach Wunsch von OB Seidel und den Kollegen der BAP verkauft worden!

Und wie war das mit dem Pumpwerk vor der Orangerie? Alternativlos, so die Meinung der OB zum monströsen Klotz, der ursprünglich gebaut werden sollte. Von wegen! Jetzt ist das Pumpwerk kaum noch sichtbar … funktioniert es eigentlich wieder?

Bleiben wir mal in der Nähe – auf der Promenade. Jahrelang gebaut, endlich fertiggestellt und absolut tot. Der Feierabendmarkt – eine nette Idee – aber am völlig falschen Standort. Genauso falsch wie die Anordnung der Parkplätze. Unglaublich, wie viel Zeit und Ideen damals Citymarketing unter der Leitung von Wolfgang Wechsler und Dr. Kerstin Schulte-Eckel investiert und wie viele Gespräche auch mit Stadträten geführt haben … das Ergebnis: Eine leblose und unpersönliche Landebahn ohne jegliche Aufenthaltsqualität – daran wird auch der Pavillon nichts ändern.

Zum Thema Citymarketing. Können sie sich noch an den Kleinen Markgrafen oder die Aktion ‚Häuser erzählen’ erinnern? Hat es in den letzten Jahren etwas Vergleichbares gegeben? Bier und Brodwurscht von woanders und ein eingekauftes Weinfest … Auch Citymarketing  geht auf ihr Konto … Wie ist denn überhaupt der Sachstand in puncto Geschäftsführung?

Es war vor zwei Jahren im Dezember. Da hat OB Seidel über 3.200 Unterschriften entgegennehmen müssen von Ansbacherinnen und Ansbachern, die gegen einen Aufzug am Stadthaus unterschrieben haben – und sie würden sich wundern, wer alles unterschrieben hat. 3.200 Frauen und Männer, die sich wirklich um ihre Stadt sorgen und die Verhältnismäßigkeit und Verträglichkeit mit dem historischen Kleinod im Blick hatten.

Keinen Gedanken haben sie an ein tatsächliches Leuchtturmprojekt verschwendet, das  Weigel-Hauses. An diesem prominenten Eck der Stadt hätte was Großartiges entstehen können. Jetzt leuchtet dieses Objekt auch – aber nicht im Sinne der Ansbacher.

Apropos Ansbacher! Ich finde es einerseits großartig, wie viele Ansbacherinnnen und Ansbacher sich in den letzten Jahren zusammengefunden haben, um sich politisch zu äußern. Ich finde es andererseits aber auch bedenklich, denn es zeigt die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Stadtspitze, mit den politischen Entscheidungen, die in den letzten Jahren getroffen wurden. Ich erinnere an die Bürgerinitiative zur Verkehrsentlastung in Elpersdorf, die  BIFAN im Ansbacher Norden, das Bürgerbegehren gegen den Aufzug, die aktiven Eltern in Meinhardswinden und Brodswinden, und die vielen Bauwilligen, die von der Stadtverwaltung einen negativen Bescheid erhalten haben.

Ganz ehrlich, das kann uns nicht egal sein – das ist ein ganz deutliches Signal, dass wirklich vieles schief läuft in Ansbach ….

Was bleibt denn dann?
Können Sie stolz sein auf die Stimmung in der Stadtverwaltung? Sie tun angeblich vieles aber der böse Bezirk schnappt uns die Leute weg? Ist das wirklich so oder verschließen Sie die Augen und Ohren vor der Realität oder werden Sie falsch informiert oder … Warum  herrscht bei unseren eigenen Mitarbeitern viel mehr Frust als Lust bei der Arbeit?

Bleiben wir doch bei den Mitarbeitern. Es war politischer Wille des Stadtrates, für das Betriebsamt eine andere Fläche zu finden um ein effizientes und adäquates Gebäude für Menschen und Maschinen zu schaffen. Angeblich haben wir keine passende Fläche in Ansbach! Ist das so? Wie wäre es mit dem Gewerbegebiet Brodswinden oder dem eigenen Gewerbegebiet in Elpersdorf oder gar mit dem Messegelände. Wenn uns diese Flächen nicht gehören könnten wir sie erwerben – denn der Erlös aus der Hospitalstraße wäre definitiv ein höherer. Und was könnten wir dort nicht alles entstehen lassen: Geförderten Geschosswohnungsbau und  sogar ein Seniorenpflegeheim – Entwicklungen, die wir dringend in unserer Stadt brauchen!

Hoch und heilig versprochen auch der Ausbau der Hochschule Ansbach auf dem Gelände der Barton Barracks. Jetzt: mucksmäuschenstill … Gibt es überhaupt noch eine Chance auf das Gelände  der US Armee oder gar eine Alternative für eine Hochschulerweiterung? Das Messegelände fällt ja bekanntlich weg  … Und, warum wird der ebenerdige Parkplatz der Hochschule nicht mit einem Parkhaus überbaut, um den Parkdruck in den benachbarten Wohngebieten endlich zu minimieren.

„Wir gucken, wir schauen, wir prüfen, wir melden uns …“, mit diesen und ähnlichen Worten sind sie mit einem großen Mitarbeiterstab bei den Stadtteilversammlungen unterwegs. Die Ansbacher sind diese Worte leid! Die Menschen wollen Verlässlichkeit und Verbindlichkeit – klare Aussagen und folgende Taten.

Auch wir als Stadträte haben mehrfach angemahnt, Entscheidungen und Beschlüsse endlich umzusetzen. Das Paradebeispiel ist und bleibt die Stadtentwicklungsgesellschaft. Zuerst  das monatelange Finden der richtigen Form, dann das weitere monatelange Suchen nach passenden Mitarbeitern (diese Suche wird noch spannender, wenn der Leiter der Stadtbau im März Bürgermeister in Aurach wird), dann das nochmals monatelange Prüfen von geeigneten Objekten … ganz ehrlich, unserer Geduld ist absolut am Ende und nach Außen ist dieses Bild symptomatisch für das Agieren der Stadtspitze.

Ansbach geht es so gut wie nie … Auch dieser Satz aus der letzten Haushaltsrede der ÖDP klingt mir noch im Ohr. Ich frage mich wirklich, ob manche blind, taub, sprach- und emotionslos sind, denn das entspricht keineswegs der Stimmung in unserer Stadt!

Da nutzt auch ihr „Rap“ nichts, sehr geehrte Frau Seidel. Witzigerweise waren sie die heftigste Gegnerin dieser Musikrichtung bei der Vergabe des Jugendkulturpreises. Jedes der über 20 Adjektive  mit denen sie die Stadt beschreiben (FLZ vom 31.10.2019) lässt sich widerlegen – ich nenne als Stichpunkte nur barrierefreies Standesamt, Skaterplatz, Baugesuche junger Familien, verpasste Chancen bei Neubau der Schule in Schalkhausen oder beim Kindergarten in Pfaffengreuth, fehlende Radwege und Radwegbeschilderung, ja sogar fehlende Toiletten …

Was bleibt?
Zusammenfassend kann man sagen, dass wir demotivierte Mitarbeiter, frustrierte Bürger, viele offene Baustellen, konzeptlose Altstadt, marodes Klinikum, millionenschwere Haushaltsausgabereste, leere Versprechungen, ‚mal Gucken-Taktik“, ideenlosen Aktivismus beim Klimaschutz haben  … das ist wahrlich keine vorzeigbare Bilanz.


Es ist schon richtig, dass sie nicht allein diese Entscheidungen getroffen haben – da waren wir als Stadträte schon auch dabei. Aber, wenn von ihrer Seite kein Wille zur Umsetzung von Projekten (Stadtentwicklungsgesellschaft), keine Vision für die perspektivische Entwicklung der Stadt (Landesgartenschau, Digitalisierung), kein Wunsch nach gemeinsamem Anpacken von  Projekten (Betriebsamt) , und kein Wert auf eine offene und integrierende Mitnahme des Stadtrates (Haushaltsklausur) besteht, dann tun sich auch ihre Mitarbeiter schwer zu agieren und es werden nur die Dinge zur Abstimmung gebracht, die verwaltungsintern besprochen und OB-konform sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen – wir können so weitermachen. Wie unsere Stadt jedoch in den nächsten 10 – 20 Jahren aussehen wird, möchte ich mir unter den jetzigen Voraussetzungen nicht vorstellen. Bitte gehen sie mit offenen Augen und Ohren durch unsere Stadt – ich sehe, höre und spüre ein kräftiges Rumoren in Ansbach.

Was erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns? Sie möchten einen Alltag, der reibungslos abläuft, der ihnen keine langen Wartezeiten im Bürgeramt oder Hindernisse in den Weg legt, wenn sie investieren wollen. Sie wollen Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit, Bürgerfreundlichkeit und Entwicklungschancen. Können wir das derzeit garantieren?

Wir hatten heuer viel hausgemachten Ärger. Lieber Herr Jacobs erinnern sie sich  an meine letzte Haushaltsrede – ich zitiere: „Bitte gehen sie nicht nur akribisch korrekt sondern auch großzügig emotional mit den Zahlen um, denn hinter jeder versteckt sich das Schicksal einer Person,  einer Institution oder der Stadt.“ Die Aufregungen und Diskussion mit Kulturtreibenden und Ehrenamtlichen hätten wir uns wirklich sparen können und auch die Diskussion über die Brechhausäcker und den Skaterplatz, die plötzlich nicht mehr im Haushalt auftauchten waren kontraproduktiv!

Wir haben nun einen Haushalt ohne Superlative vor uns, der keine Zukunftsperspektiven für die Stadt beinhaltet, ein weiterer Haushalt der verpassten Chancen. Viele Anträge wurden zurückgenommen, denn es ist noch ausreichend Geld vorhanden – warum geben wir es dann nicht aus? Schulprojekte werden abgelehnt, denn die Schulen haben auch noch genug Eigenmittel. Ist ihnen das wirklich kommuniziert worden? Wir schieben 28 Mio. Haushaltsausgabereste weiterhin vor uns her, haben kein Geld für Digitalisierung oder Machbarkeitsstudie Landesgartenschau drin, zu wenig Geld für den Aufkauf von Wohngrundstücken, keinen Mut zum kostenfreien ÖPNV für alle und bauen auch unsere neue Schule und Kindergarten konventionell und nicht innovativ. Wir haben keine Mehrheiten für ein umfassendes Radwegekonzept und selbst der Grillplatz und die Toiletten müssen warten. Der Ernst-Körner-Ring soll wieder raus, obwohl diese Sanierung vernünftig und notwendig ist. Und alles wird mit dem Damoklesschwert „Klinikum“ begründet. Wir können nicht zulassen, dass das Klinikum Investitionen blockiert und die Zukunft der Stadt vernichtet! Daher müssen und können wir mit einer maßvollen Kreditaufnahme die finanziellen Herausforderungen meistern und zukunftstauglich agieren!

Aus diesem Grund lehne ich persönlich diesen Haushalt 2020 ab – kann aber nicht für meine Kollegen sprechen, denn bei uns Freien Wählern bestimmt nicht der Fraktionszwang sondern jeder entscheidet für sich selbst.

Ein Satz sei mir noch gestattet: Frau Schlieker – sie haben es nun fast geschafft. DANKE für ihre stets engagierte und vielfältige Arbeit für die Stadt Ansbach – sie kennen wie keine andere viele Bereiche der Stadtverwaltung und könnten sicherlich ein Buch darüber schreiben. Wir wünschen Ihnen nun mehr Muße und Ruhe!

Mit einem großen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung schließe ich meine Rede und wünsche uns allen erholsame  Feiertage, harmonische Stunden im Kreise unserer Lieben und ein gesundes neues Jahr 2020, das sicherlich sehr spannend sein wird! Wir alle sollten unser Bestes geben für ein Ansbach, in dem wir gerne, sicher und gut leben!